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Anwesenheitszeiten des Gasthörers

Zeiten des Gasthörers nicht protokolliert

FG München Urteil vom 25.02.2015 - 4 K 743/13

rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlende Niederschrift der Anwesenheitszeiten eines Gasthörers bei mündlicher Steuerberaterprüfung ist Verfahrensfehler und kann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen
Leitsatz (redaktionell)

1. Der Umstand der vollständigen oder auch nur zeitweisen Anwesenheit eines Gasthörers bei der mündlichen Steuerberaterprüfung ist als besonderes Vorkommnis nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 DVStB in der Niederschrift zu protokollieren. Dies gilt wegen des zwingenden Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der mündlichen Prüfung nach § 14 Abs. 2 S. 1 DVStB, woraus sich ein Anspruch des Prüflings auf Kenntnis des Grundes der Anwesenheit einer unbeteiligten Person ableitet und der erforderlichen Dokumentation der ausdrücklichen Gestattung der Anwesenheit durch den Vorsitzenden nach § 14 Abs. 2 S. 2 und 3 DVStB.

2. Nach dem § 14 Abs. 2 DVStB nach bundesgerichtlicher Rspr. in der Weise zu verstehen ist, dass die Anwesenheit Dritter durch den Vorsitzenden allenfalls während der Prüfung, keinesfalls aber während der Beratung der Prüfer über die Leistungsbewertung der Bewerber gestattet werden darf (vgl. BFH v. 18.9.2012, VII R 41/11), sind in der Niederschrift auch die genauen Anwesenheitszeiten des Gasthörers im Verlauf des gesamten Prüfungsgeschehens festzuhalten.

3. Die unterlassene Dokumentation der Anwesenheit eines Gasthörers während der mündlichen Steuerberaterprüfung kann – abgeleitet aus § 46 VwVfG und § 127 AO – als Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass bei Beachtung des richtigen Verfahrens ein besseres Prüfungsergebnis erzielt worden wäre. Auch wenn die fehlende Niederschrift für sich nicht geeignet ist, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen, erschwert sie die Beweisführung des Bewerbers hinsichtlich der formellen Ordnungsmäßigkeit des Prüfungsverlaufs. Kann die Beachtung der Grundsätze des § 14 Abs. 2 DVStB nicht aufgeklärt werden, kann die Unvollständigkeit der Niederschrift zur Umkehr der objektiven Beweislast in Bezug auf die Behauptung eines Verfahrensfehlers wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 DVStB führen.

4. Kann aufgrund der Anwesenheit eines Gasthörers während der Bewertung der Leistungen des Kurzvortrags eines Bewerbers in der mündlichen Steuerberaterprüfung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Verstoß gegen den Grundsatz des Ausschlusses der Öffentlichkeit während der Prüferberatung keinen Einfluss auf die Bewertung der Prüfungsleistung genommen hat, steht dem Bewerber ein Anspruch auf erneute Ableistung des mündlichen Teiles der Steuerberaterprüfung zu.